Die Filmstarts-Kritik zu John Wick (2024)

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John Wick

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

4,0

stark

John Wick

Von Carsten Baumgardt

Die Karriere von Keanu Reeves befindet sich nach Misserfolgen in Serie seit etlichen Jahren im Sinkflug. Um einen echten Kassenabräumer des „Matrix“-Superstars zu entdecken, muss man schon ins Jahr 2003 zurück („Was das Herz begehrt“). Besonders bitter war Reeves‘ jüngstes Flop-Doppel „47 Ronin“ (unglaublich teuer, mieses Einspielergebnis) und „Man Of Tai Chi“ (sein Regiedebüt lief unter Ausschluss der Öffentlichkeit). Aber der für seine millionenschwere Großzügigkeit bekannte Reeves ist ein viel zu entspannter, gutmütiger und bescheidener Mensch, als dass ihn diese Ladehemmung am Box-Office aus der Bahn werfen könnte und so dreht er tapfer weiter. Ein Überflieger an der Kinokasse ist sein neuester Film „John Wick“ nun zwar auch nicht, aber bei einem bescheidenen 20-Millionen-Dollar-Budget wird der Action-Thriller der Regiedebütanten David Leitch und Chad Stahelski am Tag der Abrechnung auf jeden Fall Gewinn machen. Viel wichtiger aber: Das superstylishe B-Movie hat zwar eine bescheidene Story, ist aber optisch so innovativ und so furios inszeniert, dass Actionfans diese infernalische Gewaltorgie auf keinen Fall verpassen sollten. Und Keanu Reeves? Der macht nicht nur eine blendende Figur, sondern ist perfekt besetzt als titelgebender ehemaliger Mafia-Killer auf blutigem Rachefeldzug.

Fünf Jahre können eine Ewigkeit sein. John Wick (Keanu Reeves) kommen sie jedenfalls so vor. Früher war er der beste Killer der Stadt und arbeitete für den russischen Mafiaboss Viggo Tarasov (Michael Nyqvist), doch die Zeiten sind vorbei. Für eine Frau hat Wick seine Karriere an den Nagel gehängt und stieg aus, auch nach dem Tod seiner geliebten Partnerin verschwendet er keinen Gedanken an eine Rückkehr ins alte Geschäft. Aber als Tarasovs großkotzig-arroganter Sohn Iosef (Alfie Allen) dabei scheitert, Wicks schmuckes Auto zu kaufen, setzt sich eine fatale Spirale der Gewalt in Bewegung. Als Antwort auf die Ablehnung schaut Iosef zu einem nächtlichen Besuch in Wicks Luxusvilla vorbei, prügelt den Hausbesitzer zusammen und killt den Hund von dessen verstorbener Frau – ihre letzte Hinterlassenschaft. Nun sinnt Wick auf Rache, gräbt sein verscharrtes Waffenarsenal aus und taucht in die Unterwelt New Yorks ein. Auf dem Weg zu Iosef nietet der Profi alles um, was sich ihm in die Quere stellt und türmt wahre Leichenberge auf. Viggo will ihn aufhalten und heuert Wicks alten Weggefährten Marcus (Willem Dafoe) an, der ihn gegen das Salär von zwei Millionen Dollar töten soll.

Die Filmstarts-Kritik zu John Wick (1)

Bevor es über die Ladentheke ging, erschien Derek Kolstads ohne Auftrag geschriebenes Drehbuch auf der Black List Hollywoods, jener berühmten Liste, die jährlich die besten unproduzierten Scripts enthält. Warum das Buch dort landete, ist im fertigen Film dann auch durchaus zu spüren, immerhin bietet es fantastische Figuren sowie eine fein gezeichnete ultracoole Parallelwelt zur New Yorker Realität. Die wenig überzeugende Hunde-Prämisse als Motivation für einen ausgedehnten Amoklauf muss man allerdings mit Humor nehmen und auch sonst verläuft „John Wick“ dramaturgisch nach dem üblichen B-Movie-Muster ab. Doch diese Einschränkungen spielen bei „John Wick“ nun wirklich keine Rolle, weil die Regisseure und Stunt-Koordinatoren Chad Stahelski (Reeves‘ Stunt-Double bei „Matrix“ und „Gefährliche Brandung“) und David Leitch ihre furiose Action so innovativ, ultrastylish und intensiv inszenieren, dass es viel mehr um Haltung als um Inhalt geht. Schlagzahl und Tempo sind enorm, die abstoßend schönen Choreographien gleichen einem finsteren Todesballett – selbst vor der bei vielen verpönten Superzeitlupe schrecken die Regienovizen nicht zurück (offiziell geht der Regie-Credit an Stahelski und der des Produzenten an Leitch, weil die US-Gewerkschaft DGA nur einen Regisseur zulässt) – und die Wirkung der Szenen gibt ihnen recht.

Die Grundstimmung des Films ist grimmig-düster. Hier werden keine Gefangenen gemacht – von keiner der beteiligten Seiten. In der Parallelwelt von „John Wick“ stören keine lästigen Cops die blutigen Scharmützel der Unterwelt, vielmehr gelten ganz eigene Regeln, die (fast) alle Beteiligten befolgen. Das fängt damit an, dass dort nicht mit Dollars, sondern mit Goldmünzen (!) bezahlt wird, außerdem kann man spezielle Reiningungskräfte bestellen, wenn sich mal zu viele Leichen im Haus angesammelt haben und im Stadtzentrum gibt es ein sagenumwobenes Hotel, das Continental, in dem jeder erdenkliche Service käuflich zu erwerben ist, aber die Nicht-Einhaltung der Hausregeln tödlich endet. Dieses kreativ zusammengeschusterte Universum abseits der realen Welt verleiht dem Film Züge einer Graphic Novel, wozu auch der hohe Body Count passt. Wie viele Leichen sich letztlich türmen, müsste man gesondert nachzählen, mehr als 100 sollen es nach verschiedenen Quellen sein, wovon etwa 80 Prozent auf John Wicks Konto gehen, was gleich zum nächsten Punkt führt: Logik! Die ist nämlich von untergeordneter Bedeutung. „John Wick“ ist ein waschechter, brutaler Genrefilm, in dem Atmosphäre und Stimmung wichtiger sind als faktische Plausibilität.

„John Wick“ sieht einfach fantastisch aus: Der fast schon klinische stahlblaue Look verbreitet Eiseskälte. Die Inszenierung der Gewalt ist entsprechend stilisiert und angenehm archaisch: John Wick tötet schnell, präzise und gnadenlos. Für längere Kämpfe hat er höchstens mal im Finale Zeit. Passend dazu schwingt sich dieser John Wick nur in die edelsten Karossen, sein schwarzer 69er Mustang ist eine Augenweide – für normale Autos ist der Killer auch einfach zu cool. Bei all dem haben die Beteiligten immer ein Augenzwinkern parat. Locker-flockig zitieren sich Stahelski und Leitch quer durch die Filmgeschichte: vom Martial-Arts-Kino über Hongkong-Action undJohn Woo bis zu Spaghetti-Western,Jean-Pierre Melville und wo immer sonst noch das filmische Faustrecht ausgeübt wird. Die Regisseure garnieren ihr Werk so zwar mit einer gehörigen Portion Selbstironie, dennoch bleibt „John Wick“ ein „böser“ Film mit subversivem Einschlag: Ein mit gewohnten Maßstäben messbares Wertesystem gibt es nicht und der (Anti-)Held (und Sympathieträger) ist ein skrupelloser Killer, dem man höchstens zugutehalten kann, dass seine Opfer allesamt noch finsterer und verdorbener sind als er selbst.

Es sind die skurrilen Figuren, die „John Wick“ sehenswert machen und nicht unbedingt das, was sie treiben. Keanu Reeves war seit „Matrix“ nicht mehr so cool wie als Badass in „John Wick“. Trotz seiner mittlerweile 50 Lenze ist er die Idealbesetzung für den wortkargen und schlagkräftigen Actionhelden: In edlem Zwirn und mit modischem Bart mäht er sich elegant durch Massen von Gegnern. „Millennium“-Trilogie-Star Michael Nyqist („Mission: Impossible - Phantom Protokoll“) holt eine Menge aus seiner Bösewicht-von-der-Stange-Rolle heraus und befindet sich zahlreicher Gangsterklischees zum Trotz auf Augenhöhe mit John Wick. Sein Viggo erscheint als einziger vollwertiger Gegenspieler, aber auch andere bekommen ihre Momente. Willem Dafoe („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“) etwa gefällt vor allem dadurch, dass sich seine Figur immer im moralischen Schwebezustand befindet: Bei ihm weiß man nie, woran man ist – eine absolute Ausnahme in diesem Film. Adrianne Palickis („G.I. Joe – Die Abrechnung“) Auftritte als hartgesottene Nachwuchskillerin Miss Perkins wiederum werden als eine Art Running Gag eingesetzt, was dank ihrer beeindruckenden Präsenz vorzüglich funktioniert und bestens zum anarchischen Esprit des Films passt.

Fazit: Die ehemaligen Stunt-Koordinatoren Chad Stahelski und David Leitch legen mit ihrem durchgestylt-kernigen Rache-Reißer „John Wick“ ein beherztes Filmdebüt vor, in dem schamlos Form über Inhalt gestellt wird. Das allerdings erfolgt auf so smarte und enthusiastische Weise, dass ein überaus schmucker B-Film dabei herauskommt.

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FAQs

Warum läuft John Wick so komisch? ›

Beim "John Wick"-Dreh hat Keanu Reeves einem Stuntman den Kopf aufgeschlitzt. Ob Kugelballett à la John Woo oder ein Vollgasspektakel wie in "Mad Max: Fury Road": Für Pascal erreicht das Actionkino durch Bewegung echte Ekstase. Unfälle bei Dreharbeiten sind keine Seltenheit.

Wer sollte ursprünglich John Wick spielen? ›

John Wick sollte eigentlich ein 75-jähriger Mann sein. Doch dann kam Keanu Reeves (57) und machte sich die Rolle des Auftragskillers im Rachemodus zu eigen. Wie unter anderem "Entertainment Weekly" berichtet, verrät dies der "John Wick"-Produzent Basil Iwanyk (52) in einem Buch über die Action-Reihe.

Wird es einen John Wick 5 geben? ›

Die Fortsetzung John Wick 5 lebt wieder und wir haben alle Infos zum Film. Das Studio und der Macher Chad Stahelski haben klare Worte zu dem bereits abgesagten und wieder angekündigten Action-Film.

Wie viele Leute hat John Wick getötet insgesamt? ›

Waren es im ersten Film noch 84, so tötete der Killer in der ersten Fortsetzung 128 Personen und im dritten Film immerhin stolze 94. Mit 133 sind es in „John Wick: Kapitel 4“, dem allein schon wegen seiner Laufzeit epischsten Teil am meisten, genauer gesagt 133 (via Insider.com).

Warum fehlt John Wick ein Finger? ›

Um seine Loyalität gegenüber der Hohen Kammer unter Beweis zu stellen, muss John Wick (Keanu Reeves) in „John Wick: Kapitel 3“ zeigen, dass er mit seinem zwischenzeitlichen Leben als liebender Ehemann für immer bricht – und zwar indem er sich den Finger der linken Hand abtrennt, an dem sich sein Ehering befindet.

Ist John Wick tot oder nicht? ›

'" Gesagt, getan: Am Ende von "John Wick 4" stirbt der Kult-Killer im Licht des Sonnenaufgangs auf den Stufen vor der Kirche Sacré-Cœur in Paris. Allerdings wird am Ende auch angedeutet, dass er überlebt haben könnte!

Welche Kampfsportart kann John Wick? ›

John Wick verwende dabei den Kampfstil Gun-Fu, eine Mischung aus japanischem Jiu Jitsu, Brazilian Jiu-Jitsu, taktischem 3-gun und Judo, und setzte je nach Gegner andere Schwerpunkte auf eine der genannten Kampfkünste.

Warum nennt man John Wick Baba Yaga? ›

Viggo erklärt Iosef, dass John Wick früher für ihn als Killer gearbeitet hat. Sie gaben ihm damals den Übernamen Babaj („Der Schwarze Mann“), obwohl er nicht einfach der schwarze Mann sei, sondern vielmehr der Mann, den man rufe, wenn man den schwarzen Mann töten wolle.

Ist John Wick ein Russe? ›

John Wick hat russische Wurzeln

John Wicks echter Name lautet Jardani Jovonovich. Diese Informationen erfährt der Zuschauer, als sich der Protagonist recht früh im Film auf der Flucht befindet.

Wie viel Geld besitzt Keanu Reeves? ›

Mit einem geschätzten Vermögen von 380 Millionen US-Dollar schafft es der Schauspieler Keanu Reeves auf Platz neun im Ranking der reichsten Schauspieler der Welt. Reeves wurde im Libanon geborene und startete seine Karriere im Theater.

Wann kommt John Wick 6? ›

Laut dem Hollywood Reporter kommt der John Wick-Ableger jetzt am 6. Juni 2025 in die US-Kinos. Als Begründung von Insidern des Studios Lionsgate wird angegeben, dass Original-John Wick-Regisseur Chad Stahelski beim Dreh zusätzlicher Action-Szenen aushelfen soll.

Wie alt ist John Wick im Film? ›

Das verriet Iwanyk jetzt im John Wick-Buch "They Shouldn't Have Killed His Dog: The Complete Uncensored Ass-Kicking Oral History of John Wick, Gun Fu, and the New Age of Action", wie Variety zitiert. [John Wick war im ursprünglichen Skript] 75 Jahre alt und seit 25 Jahren in Rente.

Welche Sprachen spricht John Wick? ›

native speaker - sprecher - synchronsprecher in anderen sprachen
  • afrikaans (3)
  • brasilianisch (4)
  • englisch (gb) (177)

Welcher Film hat die meisten Kills? ›

Ridley Scotts Kreuzzug-Epos mit Orlando Bloom, Eva Green und Liam Neeson zählt 610 Tote. Der tödlichste Film war "Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs" mit 836 Leichen - damit liegt das Fantasy-Epos mit deutlichem Abstand auf dem Spitzenplatz.

Welcher John Wick ist der brutalste? ›

"John Wick: Kapitel 3" ist der brutalste Film, den Sie dieses Jahr sehen werden.

Welchen Glauben hat Keanu Reeves? ›

Offiziell bekennt sich Keanu zu keiner Religion, obwohl er christlich erzogen wurde. Durch seine Rolle des Prinz Siddharta kam er in dem Film 'Little Buddha' mit dem Buddhismus in Berührung.

Was hat Keanu Reeves mit seinem Bein? ›

Kein Wunder also, dass er bereits die eine oder andere Verletzung erlitt. “Bis jetzt bin ich zum Glück mit einem abgebrochenen Zahn und einem gebrochenen Knöchel ganz gut weggekommen. Am rechten Bein habe ich zudem eine dicke Narbe, weil ich einmal gegen den Kotflügel eines Autos gekracht bin”, verriet Keanu.

Ist John Wick Deutscher? ›

John Wick ist ein US-amerikanischer Neo-Noir-Action-Spielfilm aus dem Jahr 2014 und der erste Teil der John-Wick-Filmreihe.

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